Marlen Haushofer
Die Tapetentür



         
         
Marlen Haushofer

Die Tapetentür Paul Zsolnay Verlag, Wien 1957, 1985, 2000 In mehreren Ausgaben erhältlich; die Rezension bezieht sich auf die gebundene Ausgabe von 2000

ISBN 3-552-04958-4
197 Seiten
nicht mehr in der Preisbindung
         
Marlen Haushofer ist eine recht eigenwillige Stimme der deutschsprachigen Literatur der Nachkriegszeit. Im Zentrum ihrer Romane stehen oft Frauenfiguren, von denen man unweigerlich den Eindruck bekommt, sie seien ein Porträt der Autorin selbst. Sie muss ein wenig glücklicher Mensch gewesen sein, wenn man ihre Texte aufmerksam verfolgt. Die letzte Eintragung in ihr Tagebuch vor ihrem Krebstod 1970, die die Literaturkritikerin Manuela Reichert im Anhang der „Tapetentür“ zitiert, scheint diesem Eindruck recht zu geben: „Mach Dir keine Sorgen. Du hast zuviel und zu wenig gesehen, wie alle Menschen vor Dir. Du hast zuviel geweint, vielleicht auch zu wenig, wie alle Menschen vor Dir. Vielleicht hast Du zuviel geliebt und gehasst – aber nur wenige Jahre – zwanzig oder so. Was sind schon zwanzig Jahre? Dann war ein Teil von Dir tot, genau wie bei allen Menschen, die nicht mehr lieben oder hassen können. (...) Mach Dir keine Sorgen – alles wird vergebens gewesen sein – wie bei allen Menschen vor Dir. Eine völlig normale Geschichte.“

Die Vorstellung der „Tapetentür“ überlasse ich ebenfalls Manuela Reichert:

„Annette, die vom Leben überforderte, einst vom Vater verlassene Bibliothekarin ohne Ehrgeiz und Zukunftswünsche, wird von der Liebe überfallen wie von einer unbekannten Krankheit. Sie verliert sich in dieser neuen Lage jedoch nicht liebestaumelig und heißblütig in Wahnvorstellungen und Selbstbetrug. Im Gegenteil, sie erkennt den Mann, weiß um die Fremdheit und Lüge zwischen ihnen, um die Aussichtslosigkeit eines gemeinsamen glücklichen Lebens. Sie passt sich an, überanstrengt sich dabei, weil sie stets auf der Hut sein muss, nicht entdeckt zu werden. Eine empfindungslose wird durch die Liebe zu einer leidenden Frau. Kein gütiges Schicksal rettet sie oder schlägt sie mit Blindheit. Sie sieht, woher ihre Schmerzen rühren, weiß auch um die Verletzung in der Kindheit und begreift am Ende, dass das Leben nicht mehr sein wird als Schmerz und das Warten auf den Tod. Eine erbarmungslose ‚ganz normale Geschichte’.“

Der Stil des Buches ist einfach und eindringlich zugleich. Die Darstellung von Unglück, Hoffnungslosigkeit oder Leid wirkt durch einfachen, unprätentiösen Schreibstil immer außerordentlich beeindruckend. Erzählende Abschnitte wechseln mit Einträgen in das Tagebuch der Hauptfigur Annette ab, so wechselt für den Leser die Perspektive stets zwischen außen und innen und bringt ihm die Figur auf diese Weise besonders nahe.
         
 
         
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